1. Ignaz-Glaser-Symposion "Unterschiedliche Herkunft - Gemeinsame Zukunft"
Braunau, Bürmoos, Freilassing, Hallein, Mauthausen, Telfs, Traunreut, Waldkraiburg
Gemeindezentrum Bürmoos 21.- 23. April 2006

Mein Name ist Erika Rahnsch geb. Nittel, geb. am 21. Juli 1929 in Falkenau-Kittlitz, Kreis Böhm.-Leipa, Nordböhmen. Meine Eltern waren Franz und Olga Nittel geb. Toms.

Nach der Volksschule von 1935 - 1940 in meinem Heimatort besuchte ich die Bürgerschule in Böhm.-Kamnitz. Während des Anschlusses des Sudetenlandes an das Deutsche Reich wurde dieser Schultyp "Hauptschule" genannt. Den Abschluß als Mittlere Reife hätte ich im Sommer 1945 machen können; ich hatte auch vor, danach eine Lehrerbildungsanstalt zu besuchen. Dazu kam es nicht mehr: 8.Mai 1945 - Kriegsende - und damit auch das Ende meiner Schulzeit. Ich habe nicht einmal ein Abschlußzeugnis erhalten.

Mein Vater, eigentlich gerlernter Zeichner der Glasindustrie, war als Zweigstellenleiter des Spar- und Darlehensvereines in Falkenau-Kittlitz (Sparkasse) angestellt und konnte diese Tätigkeit auch nach Kriegsende unter tschechischer Leitung fortführen. Da meine Mutter perfekt tschechisch sprach, unterstützte sie ihn bei der Umstellung der Sparguthaben von Reichsmark in Kronen. Da ich Zeit hatte, verbrachte ich auch die meiste Zeit mit meinen Eltern dort und konnte mir so Kenntnisse in Bürotätigkeit und tschechischer Sprache gut aneignen.

Aus den vorgenannten Gründen durften wir noch bis 1946 in unserem Haus leben. Am 31. Mai 1946 mußten wir es zwangsweise verlassen und durften nur persönliche Dinge mitnehmen. Eine Nachbarin nahm uns auf und am 13. Juni 1946 wurden wir mit Lastwagen ins Sammellager nach Böhm.-Leipa gebracht, um dort auf unsere Aussiedlung zu warten. Mein Vater war zwischenzeitlich in dieses Lager zwangsverschleppt worden und wir waren glücklich, als wir wieder vereint waren.

In diesem Lager wurden dann die Transporte zusammengestellt: 30 Vieh-Waggons mit jeweils 40 Personen mit unseren letzten Habseligkeiten, Männer, Frauen, Kinder - zusammengepfercht - in eine ungewisse Zukunft.

Es ging in die sowjetisch besetzte Zone nach Sachsen-Anhalt. Nach kurzem Quarantäne-Aufenthalt auf einem ehemaligen Fliegerhorst wurden wir dann in einzelne Regionen aufgeteilt. Wir kamen in ein kleines Bauerndorf nahe Zeitz. Nachdem wir 3 Personen waren, wollte uns keiner aufnehmen, bis ein Bauer dazu gezwungen wurde. Er hat uns das sehr lange fühlen lassen.

Dort gab es für meinen Vater und mich keine Arbeitsmöglichkeit in unseren Kenntnissen.
Im Laufe der Zeit hörten wir, daß in Bayern die böhmische Glasindustrie wieder neu aufgebaut werden sollte und so gelang es uns, eine Zuzugsgenehmigung nach Kraiburg am Inn zu bekommen. Über das Lager Hof-Moschendorf kamen wir in den Landkreis Mühldorf ins Lager Pürten, in Holzbaracken im Massenquartier. Das war am 6. August 1947.

Der Aufbau der nordböhmischen Glasindustrie ging jedoch nicht so schnell und erst im Jahre 1950 konnte die neu erbaute Glashütte im Werk Kraiburg in Betrieb gehen; hier konnte mein Vater als Glasfachmann auch Arbeit finden.

Ich konnte sofort nach unserer Ankunft im Büro der neu eröffneten Glasgenossenschaft meine Tätigkeit aufnehmen und so auch meine arbeitslosen Eltern mit unterstützen. Weitere Tätigkeiten waren als kaufmännische Angestellte bei Baumeister Gustav Breite und Architekt Rösler, in der Süßwarenfabrik NEGRO, bei der Handelsvertretung ELASTON, kurze Zeit bei der Gemeindeverwaltung der inzwischen 1950 gegründeten 1. Vertriebenengemeinde Waldkraiburg.

1952 Heirat mit Bau-Ing. Horst Rahnsch, der aus Bodenbach a.d.Elbe stammte, und der als Architekt zusammen mit Baumeister Hubert Rösler (von 1950 - 1966 erster Bürgermeister der Gemeinde und späteren Stadt Waldkraiburg) ein Architekturbüro bis 1994 hier in Waldkraiburg betrieben hatte. 1994 starb mein Mann und das Büro mußte aufgelöst werden.

Meine berufliche Tätigkeit habe ich nach der Geburt meines ersten Sohnes 1953 aufgeben müssen. Zwei weitere Söhne kamen 1957 und 1961 zur Welt und erst von 1978 an war ich bis zum Ende unseres Büros bei meinem Mann als kaufmännische Angestellte beschäftigt..

Als Rentnerin bin ich allerdings nicht untätig, sondern verwalte die Kasse der Sudetendeutschen Landsmannschaft Waldkraiburg und des Fördervereins Stadtmuseum Waldkraiburg, dessen Gründungsmitglied ich seit 1988 und Geschäftsführerin bin. Seit 25 Jahren betreue ich unser Heimatarchiv Böhm.-Leipa - Haida - Dauba, welches hier in Waldkraiburg, der Patenstadt für die ehemaligen Bewohner der deutschen Stadt Haida, im Haus der Kultur untergebracht ist. Seit einigen Jahren leite ich auch die Heimatgruppe Oberland-Niederland mit ihren monatlichen Treffen.

Nunmehr lebe ich seit 59 Jahren hier in Waldkraiburg. Trotzdem habe ich meine alte Heimat Falkenau-Kittlitz in Nordböhmen nicht vergessen.


© 2006 Andreas Maislinger
 
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