Von der Gestapo verhaftet


Baron Karl Motesicky - 1980


Baron Karl Motesicky war ein aktiver NS-Gegner. Er war ein begüterter Mann, der ein großes Gut in der Hinterbrühl am Kröpfelsteig besaß. Seine Mutter, Baronin Motesicky, die ihren Sohn zu seiner demokratischen Anschauung erzogen hatte, floh nach dem Anschluss von Österreich nach Holland. Karl befand sich am 13. März 1938 in Norwegen, beschloss jedoch, nach Wien zurückzukehren, um seinen jüdischen Freunden zu helfen.

Er verhalf vielen von ihnen zur Emigration. Karl blieb in Wien und beschloß, seiner Mutter erst zu folgen, sowie er seine Rettungsaufgaben erfüllt haben würde. Sein Haus wurde zum Treffpunkt jüdischer Familien und christlicher Antinazis. Als ihnen Gefahr drohte, von der Gestapo verhaftet zu werden, gewährte ihnen Karl in seinem Haus Unterschlupf. Im Sommer 1938 nahm er die jüdische Familie Urbach mit ihrem vierjährigen Jungen ins Haus. Zu seinen jüdischen Freunden, die sein Haus frequentierten, zählten die Pianistin Eva Gal und Isa Strasser sowie die christlichen Antinazis Ernst Wildgans, die Przibrams, Dr. Ella und Kurt Lingens.

Karls Gärtner war ein illegaler Nazi. Er war jedoch - wie sich nach dem Anschluss herausstellte - der Partei unter falschen Voraussetzungen beigetreten und der Familie Motesicky treu ergeben. Im September 1938 warnte er die Familie Urbach vor ihrer bevorstehenden Verhaftung. Es gelang ihr mit Hilfe Motesickys, nach Schweden und später nach Amerika zu fliehen.

Für Juden, die ins Ausland flüchten wollten, bediente sich Motesicky der Hilfe des früheren Schauspielers Klinger.

Im Frühjahr 1942 wandte sich sein Bekannter, der polnische Jude Alex Weissberg-Cybulski, der mit der polnischen Untergrundbewegung zusammenarbeitete, an Motesicky mit der Bitte, ihm und seinen Freunden die Flucht ins Ausland zu ermöglichen. Motesicky rettete einige von ihnen.

Im Juli 1942 kamen die Brüder Goldstein aus Krakau mit ihren Frauen nach Wien. Meissberg-Cybulski hatte sie geschickt, um einen Fluchtweg in die Schweiz auszuprobieren. Die Flüchtlinge hatten gefälschte Papiere, die sie als polnische Landarbeiter auswiesen. Ein Bruder und seine Frau wurden im Gut Motesickys versteckt. Der zweite wurde bei Freunden untergebracht.

Motesicky wandte sich an Klinger um Hilfe. Er wusste jedoch nicht, dass Klinger ein Angehöriger der Judenpolizei und Informant der Polizei, also ein Spitzel war. Er brachte die Ehepaare Goldstein an die Grenze, lieferte sie aber den Deutschen aus und verriet ihren Helfer Motesicky.

Motesicky wurde am 13. Oktober 1942 von der Gestapo verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Er leugnete zunächst die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen, legte später aber ein Geständnis ab, als man ihm vorhielt, Klinger hätte schon alles gestanden. Motesicky wurde nach Auschwitz deportiert, wo er am 25. Juni 1943 ums Leben kam.
Sein Gut in der Hinterbrühl wurde nach dem Krieg zu einem SOSKinderdorf, wo eine Gedenktafel für Karl Motesicky enthüllt wurde.

Die Gerechten Österreichs
Eine Dokumentation der Menschlichkeit
von Mosche Meisels

Umschlaggestaltung von Arje Weiss (einer der Geretteten)
Herausgegeben von der Österreichischen Botschaft in Tel Aviv
1996, S. 59- 60.