Geschwür in der Gebärmutter


Dr. Rudolf Wertz - 1966


Der Wiener Arzt Dr. Rudolf Wertz rettete im Jahr 1941 viele Juden vor der Deportation. Juden in Wien, die bereits auf der Deportationsliste nach Polen standen, was den sicheren Tode bedeutete, wandten sich an ihn. Er empfing sie in seiner Ordination und stellte ihnen Bestätigungen schwerer Krankheiten aus, was sie zumindest für eine gewisse Zeit vor der Deportation bewahrte. Einigen rettete er so das Leben. Er handelte aus humanitären Gründen und verlangte von seinen jüdischen Patienten pro forma für die Ordination eine lächerliche Summe von 5 RM.

Eine der Geretteten war die Jüdin Gertrude Fritz. Sie bekam von ihrer Freundin die Adresse von Dr. Wertz. Sie war auf einer Deportationsliste. Frau Fritz begab sich in das Empfangszimmer der Praxis von Dr. Wertz und legte die Mitteilung der Gestapo auf den Tisch ohne etwas zu sagen. Dr. Wertz zögerte nicht. Er schrieb ihr einen Krankenschein - ein Geschwür in der Gebärmutter - und verordnete ihr sechs Wochen Bettruhe. Er warnte sie, niemandem zu erlauben, sie aus dem Bett zu holen. Jede Bewegung bedeute Todesgefahr.

Nachdem Frau Fritz nicht bei der Gestapo erschienen war, besuchten sie von Zeit zu Zeit im Auftrag der Gestapo Ärzte. Die prüften den Krankenschein von Dr. Wertz und ließen sie liegen. So vergingen sechs Wochen in den Monaten September und Oktober 1941. Gertrude Fritz wurde nicht deportiert. Im Dezember 1941 heiratete sie einen Beamten der jüdischen Kultusgemeinde in Wien. Sie wurde später mit ihrem Gatten nach Theresienstadt deportiert und überlebte den Krieg.

Die Gestapo entdeckte eines Tages die Hilfsaktionen von Dr. Wertz für Juden. Er wurde in eine Strafkompanie überführt und erst bei Kriegsende befreit.

Die Gerechten Österreichs
Eine Dokumentation der Menschlichkeit
von Mosche Meisels

Umschlaggestaltung von Arje Weiss (einer der Geretteten)
Herausgegeben von der Österreichischen Botschaft in Tel Aviv
1996, S. 99.