Franz Jägerstätter (* 20. Mai 1907 in St. Radegund, Oberösterreich; † 9. August 1943 in Brandenburg an der Havel, Deutschland; geboren als Franz Huber) war ein Kriegsdienstverweigerer im Zweiten Weltkrieg.

Leben

Er wurde am 20. Mai 1907 als Sohn der ledigen Bauernmagd Rosalia Huber und des Franz Bachmeier in St. Radegund (Bezirk Braunau am Inn) geboren und hieß ursprünglich Franz Huber. Da die Eltern zu arm waren, um zu heiraten, wurde Franz von seiner Großmutter Elisabeth Huber aufgezogen. Am 19. Februar 1917 heiratete seine Mutter den Bauern Heinrich Jägerstätter, der Franz adoptierte. Die Freude am Lesen dürfte bei ihm sein Stiefgroßvater, Matthäus Jägerstätter († 1930), geweckt haben, der zahlreiche Bücher besaß.

Er arbeitete im Sommer 1927 auf einem Bauernhof in Teising (Bayern) und danach bis 1930 als Bergarbeiter in Leoben-Donawitz. Als sein Stiefvater am 8. Mai 1933 kinderlos starb, erbte Franz den Bauernhof. Am 9. April 1936, einem Gründonnerstag, heiratet er Franziska Schwaninger. Die Vermählten verzichteten auf eine Hochzeitsfeier und machten eine Pilgerreise nach Rom. Der Ehe entstammten die drei Töchter Maria, Aloisia und Rosalia.

Durch das Studium diverser religiöser Literatur, regelmäßige Bibellesung und häufige Gottesdienstbesuche war für ihn ab Jänner 1938 klar, dass seine katholische Weltanschauung mit dem Nationalsozialismus unvereinbar sei. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsches Reich am 12. März 1938 lehnte er das angebotene Amt des Bürgermeisters ab. Bei der Volksabstimmung über den Anschluss am 10. April gab er die einzige Nein-Stimme in seinem Ort ab. Die Wahlbehörde unterschlug diese Gegenstimme und meldete eine 100%-ige Zustimmung für den Anschluss. Diesen Tag bezeichnete er später als den „Gründonnerstag Österreichs“, denn „dort ließ sich die Kirche Österreichs gefangennehmen“.

Sein Widerstand gegen den Nationalsozialismus zeigte sich zunächst darin, dass er sich aus dem öffentlichen Leben seiner Gemeinde immer mehr zurückzog, Vergünstigungen durch die NSDAP nicht in Anspruch nahm und nichts für die Partei spendete, obwohl er sonst sehr freigiebig war. 1940 wurden zehn Ortsbewohner, unter ihnen auch Franz Jägerstätter, in einem Brief als Gegner des Nationalsozialismus denunziert. Der Bürgermeister leitete dieses Schreiben jedoch nicht weiter.

Im Sommer 1940 wurde er zur Wehrmacht einberufen, konnte aber durch Intervention des Bürgermeisters nach wenigen Tagen zu seinem Hof zurückkehren. Im Oktober 1940 wurde er wieder zur Grundausbildung nach Enns einberufen. Dort trat er am 8. Dezember 1940 in den Dritten Orden des hl. Franziskus ein. Er wurde auf Ansuchen seiner Heimatgemeinde im April 1941 als „unabkömmlich“ eingestuft, konnte zu seiner Familie zurückkehren und war danach Mesner in seiner Heimatpfarre.

Die negative Erfahrungen beim Militär und das Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten, von dem er um diese Zeit erfuhr, festigten seinen Entschluss, nicht wieder zum Militär einzurücken. Er erklärte auch öffentlich, dass er als gläubiger Katholik keinen Wehrdienst leisten dürfe, da es gegen sein religiöses Gewissen wäre, für den nationalsozialistischen Staat zu kämpfen. Seine Umgebung versuchte ihn umzustimmen und wies ihn auf seine Verantwortung gegenüber seiner Familie hin, konnte aber seine Argumente nicht widerlegen. Sogar den Linzer Bischof Josef Fließer bat er um Rat, der ihm auch von einer Wehrdienstverweigerung abriet. Seine Frau Franziska unterstützte ihn, obwohl sie sich der Konsequenzen bewusst war.

Am 23. Februar 1943 erhielt er die Einberufung zur Wehrmacht nach Enns, wo er sich am 1. März meldete. Nach der Erklärung seiner Wehrdienstverweigerung wurde er am 2. März zunächst nach Linz ins Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis gebracht. Erst dort erfuhr er, dass auch andere Personen den Wehrdienst verweigerten und Widerstand gegen den Nationalsozialismus leisteten. Am 4. Mai wurde er nach Berlin-Tegel verlegt. Er weigerte sich weiterhin, seine Wehrdienstverweigerung zu widerrufen. Am 6. Juli verurteilte ihn das Reichskriegsgericht Berlin-Charlottenburg wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode. Auf seine Bereitschaft, Sanitätsdienst zu leisten, ging das Gericht nicht ein.

Franz Jägerstätter wurde am 9. August 1943 im Zuchthaus Brandenburg an der Havel durch das Fallbeil hingerichtet.

Nach Kriegsende wurde die Urne mit seiner Asche nach St. Radegund gebracht um am 9. August 1946 dort beigesetzt.

 

Würdigung

Jägerstätters Leben verlief nicht ohne Widersprüche und Brüche. Einerseits war er in seiner Jugend lebenslustig, war der Anführer bei Raufereien mit Burschen der Nachbarorte, besaß als erster im Dorf ein Motorrad, verlor als Arbeiter in Donawitz fast seinen Glauben und wollte danach in ein Kloster eintreten. Er blieb auf Rat seines Pfarrers aber ein Bauer, schrieb Gedichte, zeugte vielleicht auch ein uneheliches Kind und war später ein fürsorglicher Familienvater.

Sein Tod sorgt bis heute immer wieder für Kontroversen. Seiner Frau Franziska wurde vielfach der Vorwurf gemacht, dass sie am Tod ihres Mannes mitschuldig sei, weil sie ihn nicht von seiner Wehrdienstverweigerung abgehalten habe. Da Franz Jägerstätter kein Widerstandskämpfer war, wurde seiner Frau nach ablehnenden Bescheiden erst 1950 eine Witwenrente nach den österreichischen Kriegsopferversorgegesetz zuerkannt. Erst nach heftigen Auseinandersetzungen wurde der Name Franz Jägerstätter unter die Toten des Zweiten Weltkriegs auf dem Kriegerdenkmal von St. Radegund aufgenommen.

Obwohl er seinen Glauben konsequent zu leben versuchte, wurde er auch in der Katholischen Kirche von vielen abgelehnt, weil er in der Frage des Wehrdienstes eine andere Meinung vertrat als praktisch alle Gläubigen und kirchlichen Amtsträger. 1946 wurde ein Artikel, der über ihn in der Linzer Kirchenzeitung erscheinen sollte, auf Weisung Bischof Fließers abgelehnt.

Erst nach Jahrzehnten begann eine langsame Aufarbeitung und Würdigung. Das 1964 erschienene Buch von Gordon Charles Zahn (In Solitary Witness. The life and death of Franz Jägerstätter) inspirierte die christliche Friedensbewegung Pax Christi in den USA und bestärkte Daniel Ellsberg in seinem Engagement gegen den Vietnamkrieg. Axel Corti drehte 1971 einen Film mit dem Titel Der Fall Jägerstätter, der für einige Diskussionen sorgte. Die Hauptrolle übernahm der beliebte österreichische Schauspieler Kurt Weinzierl.

1993 ehrte ihn die österreichische Post durch Herausgabe einer Sondermarke und sein Bauernhof wurde als nationale Gedenkstätte eingeweiht. 1997 hob das Berliner Landgericht das Todesurteil gegen ihn auf. Im gleichen Jahr wurde der Seligsprechungsprozess auf diözesaner Ebene eingeleitet. Als Postulator wurde Manfred Scheuer (seit 2003 Bischof von Innsbruck) bestellt. Der tschechische Komponist Pavel Smutný (* 1975) schrieb 1998/99 eine Missa Heroica zur Förderung der Seligsprechung von Franz Jägerstätter.

  Übernommen von Wikipedia

 

 

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